Der Himmel vor hundert Jahren
Ob sie vom Wetter erzählt, von der Weisheit der Menschen oder der der Fische – Yulia Marfutova macht Stimmen hörbar, die man so bald nicht wieder vergisst. In «Der Himmel vor hundert Jahren» treffen sich Ideen und Ideologen, Dorf und Welt, Gestern und Heute, Humor und Verstand. Eine zeitlose Geschichte, ein herausragendes Debüt. Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2021.
Ein russisches Dorf um das Jahr 1918. Die Revolution hat bereits stattgefunden, der Bürgerkrieg ist in vollem Gange, aber die Bewohner haben von den historischen Ereignissen noch nichts erfahren. Das untergehende Zarenreich ist groß, die Informationen fließen langsam.
Doch selbst an einem Ort wie diesem steht die Zeit nicht still: Der Dorfälteste Ilja, zum Beispiel, trifft seine Wettervorhersagen neuerdings mit Hilfe eines gläsernen Röhrchens, das er hütet wie seinen Augapfel. Der alte Pjotr dagegen belauscht lieber den nahegelegenen Fluss und dessen Geister. Aber noch scheinen die Fronten beweglich.
Nun ist ausgerechnet Iljas Frau, Inna Nikolajewna, so abergläubisch wie Pjotr. Als ihr ein Messer herunterfällt, taucht ein Fremder im Dorf auf. Der viel zu junge Mann trägt keine Stiefel, aber eine fadenscheinige Offiziersuniform, und wenn er muss, erzählt er jedem eine andere Geschichte. Man beäugt ihn, bedrängt ihn, bald nicht mehr nur mit Fragen - und doch kommt nicht einmal die junge Annuschka dahinter, weshalb er ins Dorf gekommen ist. Und vor allem: warum er bleibt ...
- Verlag: Rowohlt Buchverlag
- Erscheinungstermin: 23.03.2021
- Lieferstatus: Verfügbar
- 192 Seiten
- ISBN: 978-3-498-00189-6
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Über die atmosphärischen Verfinsterungen Europas sind viele Romane geschrieben worden, und jetzt gibt es noch einen ganz erstaunlichen ... Selten in der Literatur war der graduelle Übergang von Magie in Moderne so genau messbar und so bildhaft wie hier ... Ein mehr als nur überzeugendes Debüt.
Der Himmel, die Landschaft, der Fluss sind die großen Joker einer Kunst des Zeichendeutens, bei der Meteorologie in literarische Atmosphärenkundigkeit übergeht. «Der Himmel vor hundert Jahren» ist ein in seiner feinen Materialität rätselhaft starkes Romandebüt.
Eine russische Dorfgemeinschaft voller liebenswerter Sonderlinge wundert sich über das Auftauchen eines jungen Soldaten, der ihnen keine Antworten gibt. Weise und mit viel (subtilem) Humor legt Yulia Marfutova einen so besonderen Roman vor, wie man ihn nicht oft in den Händen hält.
Yulia Marfutova lässt den Alltag geheimnisvoll und Geheimnisse alltäglich erscheinen ... ein eindrucksvolles Debüt.
Weltgeschichte findet manchmal bei den Betroffenen mit großer zeitlicher Verzögerung statt ... In ihrem Debüt «Der Himmel vor hundert Jahren» erzählt Yulia Marfutova durch den wundersamen Vielklang der Stimmen des Dorfes von Wandel und Stillstand.
Da ist sehr gekonnt und kunstvoll gemacht. Wer sich nicht scheut, sich in die Sprach- und Denkwelt des 19. Jahrhunderts zu versenken, der wird mit dem Kopfkino einer magischen Welt belohnt.
Ein großer Anfang.
Das wirklich Magische dieses Debütromans ist seine Sprache, die luftgeistgleich zwischen Gewisper und Geraune, Bedrohlichem und Verheißungsvollem, Proklamationen und Träumen schwebt. Eine Wetterzeichen- und Epochenkunde voller (doch, hier passt es wirklich) Esprit und abgründigem Witz.
Eine schöne Lektüre, die schnell dahinfließt und sprudelt wie ein namenloser Fluss im sommerlichen Russland.
Ein faszinierender Roman in einer ganz eigenen, hinreißenden Sprache.
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