Vierundsiebzig
Roman | Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2024
Nach ihrem herausragenden Debüt Die Sommer legt Ronya Othmann den zweiten Roman vor: ein ergreifendes Zeitzeugnis von internationaler Relevanz.
«Ich habe gesehen. Das Ich ist ein Zeuge. Es spricht, und doch hat es keine Sprache.» So beschreibt sie den Vorgang des Erzählens. Sie will eine Form finden für das Unaussprechliche, den Genozid an der ezîdischen Bevölkerung, den vierundsiebzigsten, verübt 2014 in Shingal von Kämpfern des IS.
Vierundsiebzig ist eine Reise zu den Ursprüngen, zu den Tatorten: in die Camps und an die Frontlinien, in die Wohnzimmer der Verwandten und weiter in ein ezîdisches Dorf in der Türkei, in dem heute niemand mehr lebt. Es geht darum, hinzusehen, zuzuhören, Zeugnis abzulegen, Bilder und Berichte mit der eigenen Geschichte zu verbinden, mit einem Leben als Journalistin und Autorin in Deutschland.
Ronya Othmann erschafft ein Textgewebe von ungeheurer Dichte, notwendiger Klarheit und Härte. Ihre Stimme ist eine der Diaspora, die auch in den Lesenden tiefe Spuren hinterlässt.
- Verlag: Rowohlt E-Book
- Erscheinungstermin: 12.03.2024
- Lieferstatus: Verfügbar
- 512 Seiten
- ISBN: 978-3-644-01689-7
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Man muss Othmanns Nervenstärke bewundern, die nötig gewesen sein muss für ihre teilnehmende Beobachtung. Und das erzählerische Können, dem sich ihre atemberaubende literarische Reportage verdankt. Sie ist eine große Schriftstellerin.
Weite, aus Sprache gebaute Landschaften ... ein so persönlicher und berührender Roman.
Schockierend, grausam, bewegend - und am Ende ein ziemlich lehrreiches Buch.
Es gibt keine Spielfreiheit der Fiktion. Die Instanz des erzählenden Ichs ist dennoch wichtig, denn sie hält den ausufernden Text zusammen und macht das Umkreisen des Unbegreifbaren psychologisch plausibel.
Dieses Buch ist kaum auszuhalten. Doch gerade deshalb sollte man es lesen.
"Vierundsiebzig" ist Reportage, Essay, Reisebeschreibung – ein fünfhundertseitiges Buch über das Dokumentieren des Völkermords und der Versuch, eine Sprache dafür zu finden.
"Vierundsiebzig" ist vieles in einem – Autobiographie, Biographie, Reiseliteratur und Geschichtsschreibung in Echtzeit – und dennoch ein organisches Ganzes. Ein literarischer Befreiungsschlag.
Othmann schafft ihre ganz eigene literarische Form. Sie listet, protokolliert, berichtet, vermag gar die karge, sonnenflirrende Landschaft zu poetisieren ... Mit "Vierundsiebzig" hat sie ein unbedingt nötiges Monument geschaffen.
In einer großen literarischen Recherche dokumentiert Ronya Othmann die Geschichte und Verfolgung der Êzîden ... Eine fesselnde Odyssee.
"Vierundsiebzig" ist mehr als ein Roman. Es ist ein Dokument, das der Archäologie nahe ist, und legt im Grabungsprozess die Sprache des Völkermords frei.
"Vierundsiebzig" ist in Tagen, in denen das Thema Genozid wegen des Zeitgeschehens in Nahost mal juristisch, mal wissenschaftlich, mal polemisch und nicht selten saudumm verhandelt wird, ganz unpolemisch ein wichtiges Buch.
Dieses Buch sei jenen empfohlen, die derzeit den Begriff "Genozid" leicht auf der Zunge tragen. Die Autorin Ronya Othmann beschreibt in "Vierundsiebzig", was die Auslöschung eines Volkes wirklich heisst. Indem sie mit Überlebenden spricht.
Fast nebenbei erzählt Othmann eine vielschichtige, denkbar unsentimentale und gerade deshalb so anrührende Vater-Tochter-Geschichte, die in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur ihresgleichen sucht ... Ein großes Werk und ein ungeheuer packendes dazu.
Wie kann man Worte, wie eine Sprache finden, um von solchem Horror, von solchen Verbrechen zu erzählen? Das ist die Frage, der Ronya Othmanns zweiter Roman "Vierundsiebzig" mit literarischen Mitteln nachspürt - auf bewegende und beeindruckende Weise.
Es gibt wohl nur wenige Bücher, die das Fremdsein der Menschen zwischen Orient und Okzident so erschütternd festhalten. Und die doch ebenso ein Gefühl von Kindheit vermitteln, die ja immer Heimat ist.
Ronya Othmanns Buch ist ein grosser Schrecken und ein grosses Glück, weil es auf jeder Seite dem Vergessen widerspricht.
Statt farbigem Abglanz liefert "Vierundsiebzig" eine Poetik des Unaussprechlichen. Im Fluchtpunkt der unendlichen Annäherung der beiden Perspektiven dieses beeindruckenden Sprachkunstwerks gewinnt Gestalt, was der Wahrnehmung entgleitet.
Ronya Othmann hat mit ihrer bewegenden Darstellung den Opfern ein Denkmal gesetzt und allen anderen zu denken gegeben ... Bedeutsamer war autobiographisches Schreiben, ob man es nun subjektiven Essayismus, Autofiktion oder erweitertes Memoir nennt, hierzulande lange nicht.
Eine große Erzählung.
Ein wichtiges, ein großes Buch.
Ein eindrucksvolles Buch.
Eine epochale Erkenntnisarbeit.
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