Im Gespräch

«Nah an den Opfern, den Tätern – und der eigenen Angst»

Andreas Winkelmann im Interview zu seinem neuen Thriller «Der Fahrer»

Banner mit Andreas Winkelmann und «Der Fahrer»
© Gregor Middendorf

In Hamburg treibt ein Serienmörder sein Unwesen. Die Opfer: junge Frauen, die nachts unterwegs waren. Alle getöteten Frauen waren Kundinnen des neuen Fahrdiensts MyDriver; aber da enden auch schon die Gemeinsamkeiten. Merkwürdige Hashtag-Botschaften tauchen an den Privatautos der Opfer und an anderen Orten der Stadt auf: #findemich – in grünlich fluoreszierender Leuchtfarbe. Kommissar Jens Kerner und seine Kollegin Rebecca Oswald ermitteln fieberhaft, obwohl beide mit privaten Herausforderungen kämpfen. Kerner wird mit seiner Vergangenheit konfrontiert, während Rebecca versucht, ihn in die Gegenwart – und zu sich – zu ziehen. Als Carina, eine Kollegin des 33. Hamburger Kommissariats, entführt wird, bleiben nicht einmal 24 Stunden, um ihr Leben zu retten …

«Winkelmann spielt mit den Nerven des Publikums», heißt es in einem Porträt der Bremer Nachrichten. «Wenn ich Ihnen ordentlich Angst einjagen konnte, dann ist mein Job getan», schreiben Sie auf Ihrer Website. Weshalb ist dieses Spiel mit der Angst für Sie so reizvoll?
Es ist weniger das Spiel mit der Angst an sich, als vielmehr die Möglichkeit, den Umgang meiner Protagonisten damit auszuloten – und damit auch die Reaktion der Leserinnen und Leser. Angst ist ja nicht negativ, sie ist grundsätzlich eine sinnvolle Schutzfunktion, die wir heutzutage nur nicht mehr allzu häufig abrufen müssen. Und – ganz ehrlich – es macht schon Spaß, zu wissen, dass ich anderen eine Gänsehaut und schlaflose Nächte bescheren kann. Dafür muss man aber ganz nah dran sein. Nah an den Leserinnen und Lesern, nah an den Opfern, den Tätern – und an seiner eigenen Angst. Ich setze mich dauernd bewusst Gefahren oder Situationen aus, die Angst in mir hervorrufen, und dann beobachte ich mich, lerne daraus – und freue mich darauf, das Gelernte einsetzen zu können.

Sie sagen immer sehr klar, dass Sie keine Krimis schreiben. Was ist für Sie der Unterschied zwischen Krimi und Thriller? Das kann doch nicht nur in der Menge des vergossenen Blutes liegen, an der größeren Bestialität der «Thrillermorde», oder?
Das Korsett eines Krimis ist mir zu eng, zu festgezurrt. Ich brauche mehr Bewegungsfreiheit. Ohnehin kann ich mit den Genre-Schubladen nicht viel anfangen und finde es besonders spannend, wenn Grenzen überschritten und dabei im besten Falle verwischt werden. Gerade in der kreativen Arbeit ist das sogar notwendig.

In «Der Fahrer» richtet sich die tödliche Gewalt ausschließlich auf Frauen (in anderen Ihrer Thriller ist das nicht so). Unterscheiden sich eigentlich die Reaktionen von männlichen und weiblichen Lesern auf Ihre Romane?
Zunächst einmal bekomme ich viel mehr Reaktionen von Frauen, die meine Romane lesen, als von Männern. Dieser Unterschied ist sogar sehr groß. Und dann kommt noch hinzu, dass Aufforderungen wie «Da hätte ruhig mehr Blut fließen können» immer nur von Frauen kommen. Ich denke, wir Männer sind doch eher zartbesaitet. Worin aber Einigkeit herrscht – und was mich besonders freut – ist die Spannung, die meine Geschichten hervorrufen. Oft erwähnt wird auch das Kopfkino, das sie in Gang setzen.

Es sei «schwieriger geworden, sich durchzusetzen», haben Sie in einem Interview gesagt. Gleichzeitig steige aber «der Arbeitsaufwand schreibferner Tätigkeiten wie zum Beispiel das Betreuen der Social-Media-Kanäle und der Werbung. Die einsame Arbeit im stillen Kämmerlein ist das Autorendasein nicht mehr.» Wie viel tagtägliche Disziplin ist nötig, um als professioneller Schriftsteller im hart umkämpften Thrillersegment zu bestehen?
Es ist eine ganze Menge tägliche Disziplin erforderlich. Aber das war schon immer so, und ich finde es auch richtig, dass man sich Erfolg hart erarbeiten muss. Die romantische Vorstellung, man müsse nur darauf warten, von der Muse geküsst zu werden, um dann einen Roman ohne Anstrengung in zwei Wochen zu schreiben, hatte ich nie. Ich arbeite jeden Tag, auch an Weihnachten und Geburtstagen, und an den allermeisten Tagen habe ich großen Spaß. Hinzugekommen ist in den letzten Jahren der Zeitaufwand für Social Media, der wirklich enorm sein kann, wenn man sich selbst um seine Leserinnen und Leser kümmern möchte. Und das möchte ich, alles andere wäre ja nicht authentisch.

Dass Sie sich in technisch-kommunikativen Dingen rund ums Internet bestens auskennen, haben Sie u. a. im «Deathbook»-Projekt eindrucksvoll unter Beweis gestellt. In «Der Fahrer» spielt Instagram eine entscheidende Rolle – eigentlich für alle: für Täter, Opfer und Polizei … Wie sehen Sie das bunte Treiben auf Instagram, ist das was für Sie?
Ich finde dort immer wieder richtig skurrile Dinge, spannende Sachen, inspirierende Fotos, mehr und abwechslungsreicher, als es jede Tageszeitung bieten kann. Insofern ist Instagram eine echte Fundgrube für mich. Gleichzeitig habe ich aber Probleme damit, mein eigenes Privatleben dort zur Schau zu stellen. Ich belasse es lieber dabei, über diesen Kanal mit meinen Leserinnen und Lesern in Kontakt zu treten und sie über all das zu informieren, was mit meinen Büchern zu tun hat.

«In der Wildnis blühe ich regelrecht auf, dort ist meine Seele zu Hause. Natur erdet mich, sie rückt alles ins richtige Licht.» Kann es sein, dass Sie ohne diesen sportlichen Ausgleich (Klettern, Rafting, Bogenschießen, Joggen) solche «harten Thriller» nicht schreiben könnten?
Das ist ohne Frage so. Zum einen, weil es für mich notwendig ist, meine Gedanken zwischendurch immer mal wieder «reinzuwaschen», und das kann ich am besten draußen in der Natur. Ein wichtiger Aspekt ist aber auch, dass ich mich körperlich verausgaben muss, damit die Phantasie funktioniert. Und das geht wiederum bei den beschriebenen Tätigkeiten sehr gut. Nebenbei bleibe ich auch noch fit.

Gibt es eigentlich eine – im Winkelmann-Universum nicht seltene – monströse Täterfigur, die in der Lage ist, Sie bis in Ihre Träume zu verfolgen?
Die gibt es. Weil sie mir im wahren Leben begegnete, nachdem ich sie in «Die Zucht» längst erfunden hatte. Ich traf den grausamen Jaroslav, den Züchter aus diesem Thriller, auf einem einsamen Hof in einem abgelegenen Alpental, als ich zu Fuß die Alpen überquerte. Man mag es kaum glauben, aber die Situation war gespenstisch nah dran an dem Buch. Der Mann erwies sich als wahrer Doppelgänger, und er hatte zudem noch einen wütend kläffenden Hund an seiner Seite. Das Dumme war, ich musste auf seinem Hof übernachten. In jener Nacht legte ich das Jagdmesser nicht aus der Hand – und hin und wieder träume ich davon, was alles hätte passieren können.

Wird es mit dem aufregend anderen Ermittlerpaar Jens Kerner und Becca Oswald weitergehen – oder sind diese beiden Ermittler «auserzählt»?
Oh nein! Für mich sind die beiden noch nicht auserzählt. Sie sind mir richtig ans Herz gewachsen, und ich freue mich darauf, Becca und Jens in beängstigende Situationen zu stoßen, um zu sehen, wie sie da wieder rauskommen!

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In seiner Kindheit und Jugend verschlang Andreas Winkelmann die unheimlichen Geschichten von John Sinclair und Stephen King. Dabei erwachte in ihm der unbändige Wunsch, selbst zu schreiben und andere Menschen in Angst zu versetzen. Heute zählen seine Thriller zu den härtesten und meistgelesenen im deutschsprachigen Raum. In seinen Büchern gelingt es ihm, seine Leserinnen und Leser von der ersten Zeile an in die Handlung hineinzuziehen, um sie dann, gemeinsam mit seinen Figuren in ein düsteres Labyrinth zu stürzen, aus dem es scheinbar kein Entrinnen gibt. Die Geschichten sind stets nah an den Lebenswelten seines Publikums angesiedelt und werden in einer klaren, schnörkellosen Sprache erschreckend realistisch erzählt. Der Ort, an dem sie entstehen, könnte ein Schauplatz aus einem seiner Romane sein: der Dachboden eines vierhundert Jahre alten Hauses am Waldesrand in der Nähe von Bremen.

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