Im Gespräch

«Des lernst schon …»

Stadt, Land, Neuanfang? Wie Maria Rossbauer zur «Großstadtbäuerin» wurde

Interview mit Maria Rossbauer

Der Anruf kommt wie aus dem Nichts. Marias Vater, Landwirt in Niederbayern, will den Hof an seine Kinder übergeben und sie soll die Landwirtschaft übernehmen. Maria aber lebt als Journalistin in Hamburg, von der Landwirtschaft hat sie null Ahnung. Doch der Hof ist die große Liebe ihres Vaters. Maria wird klar: Sie muss ihr Erbe antreten. Sie lernt zu erkennen, wann der Weizen trocken genug ist zum Ernten – und wie viel Spaß es macht, eine Motorsäge anzuschmeißen. Plötzlich aber sieht sie sich auch mit bockigen Landmaschinen konfrontiert, mit fiesen kleinen Viechern und haufenweise Formularen. Und fragt sich irgendwann: Kann sie das stemmen – beziehungsweise: «Papa, kriang mia des hin?»

DAS INTERVIEW

Als Ihr Vater Ihnen sagte, dass er das Land, das er in Niederbayern bewirtschaftet, an Sie und Ihre Geschwister übergeben möchte: Haben Sie da kurz gedacht, wie es wäre, wenn Sie und Ihre Familie das Leben in der Großstadt aufgäben und ganz aufs Land, in die Hallertau, zögen?
Ich denke da immer mal wieder darüber nach. Es ist schon sehr schön da, wo ich herkomme, und natürlich vermisse ich meine Eltern und meine Geschwister recht häufig und auch die Weite des Landes. Aber ich liebe auch mein Leben in der Großstadt und den Beruf, den ich nur hier machen kann. Zum Glück sind wir mit dem Zug in ein paar Stunden in Bayern, und wir fahren recht oft. Beides zu haben ist ein großes Privileg, das weiß ich.

Kupplung, Gas, vier Gänge, wo war noch mal die Bremse … In einem der lustigsten Kapitel des Buches ist man quasi live dabei, wie Sie versuchen, den «Bulldog», einen kleinen grünen Fendt, zu verstehen. Hatten Sie bei Ihrer «Azubi Maria»-Lehrzeit auf dem elterlichen Hof nie das Gefühl: Was mache ich hier eigentlich?
Doch. Und zwar: genau in dem Moment. Vor allem hätten Sie bei der Bulldogaktion meine Eltern sehen sollen. Die haben sich wahrscheinlich noch viel mehr gefragt: Was macht die da eigentlich? Aber zum Glück ist Landwirtschaft auf unserem Hof nicht so geregelt, dass ich da jeden Tag mit großen Geräten kämpfen muss. Das machen andere, und das ist für alle Beteiligten das Beste.

Wie ist das für Ihre Kinder? Alltag in Hamburg, mit Schule, Freunden usw. und in den Ferien ab zu Opa und Oma auf den Hof – klingt eigentlich nach einer paradiesischen Situation …
Ich finde schon auch, dass meine Kinder sich über ihr Leben nicht zu beschweren brauchen.

Ihr Vater und auch Ihr Cousin, «der Georg», sind ja alles andere als das, was man sich unter «typischen Bauern» vorstellt. Ihr Vater ist studierter Agrarwissenschaftler, hat sich bei der Bayerischen Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau auf den Hopfen, das «grüne Gold», spezialisiert. Wie hat er das hingekriegt, seinen 14-Hektar-Hof «nebenher» am Laufen zu halten?
Ich habe keine Ahnung. Mein Vater hat immer gearbeitet und ist dann mal abends und an den Wochenenden verschwunden, vermutlich in den Wald oder zum Raiffeisen-Lagerhaus, und ab und zu mal sind wir auf dem Bulldog mitgefahren oder waren im Wald dabei, aber in meiner Erinnerung auch nicht allzu oft. Was diese Landwirtschaft bedeutet und wie das alles geht, das lerne ich erst seit eineinhalb Jahren, seit er beschlossen hat, zu übergeben. Aber ich gebe die Frage mal weiter.

Sie können mich ruhig Landei nennen.

Apropos nebenher: Sie haben 23 Jahre in München, Berlin und Hamburg gelebt. Wie reagieren Ihre Freund:innen und Kolleg:innen auf die janusköpfigen Facetten der Maria Rossbauer: Großstadtpflanze hier, Landei dort (Pardon: Nebenerwerbsbäuerin – sagt man das so? –, Bulldogfahrerin, zertifizierte Motorsägenbaumflachlegerin)?
Ich glaube, viele würden vor allem gerne mal mitkommen und auch einen Bulldog fahren. Und: Sie können mich ruhig Landei nennen. Oder Großstadtpflanze mit Landwurzeln. Alles richtig.

Weil der Familienhof in Niederbayern definitiv zu wenig abwirft, um eine große Familie zu ernähren, haben Sie ja noch einen attraktiven Brotjob ergattert: Journalistin bei der ZEIT. Kann es passieren, dass Sie bei einer temperamentvoll verlaufenden Redaktionskonferenz in der Hitze des Gefechts Ihre Kolleg:innen in astreinem Bairisch ansprechen? Schließlich sind Sie, was den Dialekt angeht, eine bekennende «Integrationsverweigerin» …
Oh ja. Ich würde sogar zugeben: Je später der Abend, desto erkennbarer wird mein Bairisch. Neulich hab ich bei einem meiner Kollegen über ein «Kaasbladl» geschimpft. Zum Glück ist der aus Franken und hat mich halbwegs verstanden.

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Maria Rossbauer

Maria Rossbauer

Maria Rossbauer, geboren 1981, hat eine Ausbildung zur Hotelfachfrau gemacht, Neurobiologie studiert und anschließend die Deutsche Journalistenschule in München absolviert. Heute ist sie Redakteurin bei der ZEIT - und Landwirtin.