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Fürchtet euch ruhig!

«Sie nervt, aber sie hat recht» (Thomas Gottschalk) – Ein Band mit Kolumnen und Essays von Margarete Stokowski

Die letzten Tage des Patriarchats

«Die letzten Tage des Patriarchats» versammelt ausgewählte, überarbeitete und kommentierte Kolumnen und Essays von Margarete Stokowski aus den Jahren 2011 bis 2018. Über den Umgang mit Macht, Sex und Körpern, die #metoo-Debatte und Rechtspopulismus. Über Feminismus, Frauenkörper und wie sie kommentiert werden. Über Pornos, Gender Studies, sogenannte Political Correctness, Unisextoiletten – und warum sich Feminismus und Rassismus ausschließen. Stokowskis Texte machen Mut, sie helfen, wütend zu bleiben, Haltung zu zeigen und doch den Humor nicht zu verlieren. Und sie zeigen, dass es noch einiges zu tun gibt auf dem Weg zu einer gleichberechtigen Gesellschaft.


Missy Magazine: «Liest man Stokowski mal nicht im wöchentlichen Kolumnenrhythmus, sondern am Stück, werden vor allem zwei Dinge evident: Dieses Land ist am Arsch. Zum Glück haben wir Margarete. Denn sie besitzt einen unbeirrbar klaren Blick und die Gabe, komplizierte Sachverhalte geduldig, aber präzise in ihre Einzelteile aufzudröseln, bis der ‹rotten point› offengelegt ist.»
Die Welt: «Klug, kraftvoll, eigensinnig und markant.»


Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Als erfahrene Kolumnistin bei taz und Spiegel Online nimmt Margarete Stokowski, von SPEX als «inoffizielle Chefin des linken Feminismus» einsortiert, bekanntlich kein Blatt vor den Mund – es ist eine Freude. Und falls das jemand noch nicht weiß: «Die Wahrheit ist hart: Margarete Stokowski kann lachen.» (Margarete Stokowski) «Die letzten Tage des Patriarchats» – hier einige Passagen zum Einlesen:

«Hamse jedient im Genderkrieg?»

 

Patriarchat am Ende? «Gute Zeiten, um nicht nur den Zerfall des Patriarchats zu beobachten, sondern auch sein letztes Aufbäumen; die vielen Backlash-Bewegungen und die immer und immer wieder vorgebrachten Forderungen, dass es jetzt doch endlich mal genug sei mit dem Feminismus. Es ist nicht genug. Feminist*innen mussten sich zu jedem Zeit-punkt der Geschichte anhören, dass eigentlich längst alles okay wäre – wenn sie sich nur nicht so anstellen würden! Doch ein großer Teil unserer heutigen Freiheit ist den Kämpfen derer zu verdanken, die darauf bestanden haben, dass noch nicht alles gut ist, und die sich nicht einschüchtern ließen von Leuten, die ihnen erzählten, sie seien zu verbittert, zu naiv oder komplett verrückt.»


Let's talk about revolution … «Ist der Feminismus zu weit gegangen? Natürlich! Es gehört zum Wesen des Feminismus, ‹zu weit zu gehen› für die aktuell geltenden Normen. Weil sich sonst nichts verändert (…), weil man einfach gerne zu Ende bringt, was man angefangen hat, und das gilt nicht zuletzt für Revolutionen.»


Feminismus heute. «Die Tatsache, dass es um die Lebenssituationen und Machtoptionen von Frauen heute viel besser steht als zu Zeiten, als die bloße Forderungen nach gleichen Rechten mit dem Tod bestraft wurde, heißt nicht, dass alles gut ist.»


Post von Wagner. «Lalülala! ‹Das Kompliment stirbt aus›, alarmiert die Süddeutsche Zeitung. Der Feminismus sei zwar ‹eine feine Sache›, habe aber dazu geführt, dass Männer sich nichts mehr trauen: Gar nichts! ‹Bloß nicht lächeln, bloß nichts sagen, das gilt doch gleich wieder als doofe Anmache.» Männer leben heutzutage, bis auf Rainer Brüderle und Dieter Bohlen, in ‹ständiger Angst›, weiß die SZ (…) Sorry, liebe ‹Ich bin ja wirklich für Gleichberechtigung, aber man muss es doch bitte nicht übertreiben!›-Leute, es tut mir leid, ihr seid voll drauf reingefallen. Aber so richtig. Auf all die Idioten, die euch erzählen, Feministinnen seien haarige Hexen, die sehr konkret an eurem Untergang interessiert sind. Man muss sein Hirn dick in ‹Post von Wagner› gewickelt haben, um zu denken, Feminismus verbiete irgendwem, freundlich zu sein.»


Schon gegendert heute? «Echt, wenn es einen Gender-Kampf oder Geschlechterkrieg gäbe, ich glaube, ich wüsste davon. Ich werde militant genannt, Feminazi, extremistisch und radikal, aber ich lebe nicht im Krieg. Ist es so weit gekommen, dass ich irgendwem erklären muss, was Krieg ist? Krieg ist, wenn ich meine Katze essen muss. Zum Beispiel. Muss ich aber nicht. (…) Wir können gerne über Hate Speech, Homo- und Transfeindlichkeit sprechen und über sexualisierte Gewalt und häusliche Gewalt, aber das ist magischerweise nie gemeint, wenn von so was wie ‹Gender-Kampf› die Rede ist. Beim ‹Feministinnen-Krieg›, den der Perlentaucher-Newsletter ankündigte, um was ging es da? Um Debatten von Feministinnen unterschiedlicher Denkströmungen. Wissenschaftlerinnen, die Texte schreiben: Krieg! Und dann bringt ein Mann eine Frau um, und was wird daraus? Ein ‹Beziehungsdrama›.»

«Früher sind Leute zu Hinrichtungen gegangen, heute gucken sie Castingshows»

Ivanka Trump. «Was ist da auf dem W20-Gipfel in Berlin passiert? Ivanka Trump, der Martin Schulz des Trump-Clans, die Charismaschleuder, die den Laden am Laufen halten soll, ohne sich zu verplappern, erklärte: ‹Ich betrachte mich als Feministin, denn ich glaube an die Gleichheit der Geschlechter.› Im Übrigen sei auch ihr Vater ‹überzeugt, dass Frauen das Potenzial und das Können besitzen, den Job genauso gut wie Männer zu erledigen›. Das ist rhetorisch zwar machbar, aber auch äußert dünnes Eis (…) Meiner bescheidenen Meinung nach ist Ivanka Trump genauso sehr Feministin, wie ich schamanische Heilerin bin. Es sind halt beides keine geschützten Titel. Für mich bedeutet Feminismus, sich dafür einzusetzen, dass alle Menschen gleiche Rechte und Freiheiten haben sollen, unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer Sexualität und ihrem Körper …»


Fleischtheke. «Es gibt eine einzige feministische Flirtregel, die man sich im Übrigen sehr leicht merken kann und die lautet: Sei kein Arschloch. Fertig. That’s it. Unisex übrigens. One size fits all. So praktisch. Der Rest ist ein bisschen gesunder Menschenverstand, Anarchie und Liebe, und das ist genau so schön, wie es klingt.»


550 Euro Revolutionssteuer. «Mal ein anderes Thema: Shoppen! Schön. Als Feministin hat man seit neuestem die Qual der Wahl. Bei H & M gibt es ein T-Shirt und einen Kapuzenpullover mit dem Aufdruck ‹GRL PWR› … In einem Laden namens Kauf dich glücklich kann man eine Kollektion von T-Shirts und Beuteln kaufen, auf denen ‹No more patriarchy› steht … Und von Dior gibt es ein T-Shirt mit der Aufschrift ‹We should all be feminists›, Baumwoll-Leinen-Gemisch, 550 Euro. Der dämlichste Fehler an der ganzen Sache: Bei allen drei Marken befinden sich besagte Klamotten nur in der Frauenabteilung.»


Germanys Next Topmodel. «Es ist auch nicht so, dass Heidi Klum das personifizierte Böse ist. Klum ist eine, die mit einem kranken System sehr viel Geld verdient. Sie wegen der quiekenden Stimme blöd zu finden ist diskursmäßig keine Glanzleistung. Auch das Format «Unterhaltung durch Grusel» ist nicht neu. Früher sind Leute zu Hinrichtungen gegangen, heute gucken sie Castingshows. Man muss GNTM trotzdem als das beschissenste Event im deutschen Fernsehen bezeichnen, das aufgrund seines enormen Einflusses schon viel zu viel Schaden angerichtet hat. Diese Sendung braucht keine elfte Staffel, sie braucht einen Vierzigtonner voll mit Erbrochenem von bulimiekranken Mädchen, der beim nächsten Finale vorfährt. Und ablädt.»

«So ein Frauenkörper ist in dieser Gesellschaft eine außerordentlich haltbare Sache»

Harvey, Donald, Bill & Co. « Ob es um anonyme Fälle geht oder um berühmte Beschuldigte wie Harvey Weinstein, Donald Trump, Bill Cosby oder Dominique Strauss-Kahn: Die Debatten werden von den immer wieder gleichen Verdrängungs- und Ruhigstellungs-Impulsen begleitet, laut denen die Betroffenen angeblich zu naiv, aufmerksamkeitsbedürftig oder selbst schuld waren und die Täter eben schwierige oder ebenfalls naive Typen, die in dem Moment oder generell nicht wussten, was sie sagten oder taten. Es ist tragisch, wenn es immer erst eine Flut an Aussagen braucht, um Opfer von sexualisierter Gewalt glaubwürdig werden zu lassen, und es ist ähnlich tragisch, wie dabei bestimmte Mythen und Vorurteile immer wieder aufgewärmt werden.»


Frauenquote oder Die magische Mumu. «Was ich von der Quote halte, so als junge Feministin? Furchtbar! Ich finde es asozial und unmodern, wenn Menschen nur nach ihrem Geschlecht beurteilt werden und nicht nach ihrem Können oder wie sie sonst so drauf sind. Ich bin da ganz auf CDU-Linie. Also fast. (…) Natürlich ist die Frauenquote blöd. Sie ist so ärgerlich wie der Gips, den man tragen muss, wenn man sich den Arm gebrochen hat. Es wär viel mehr Heißa-hopsasa ohne Gips. Aber wenn alles heile ist, kann der Gips weg.»


Charles Bukowski war gestern. «Ein weiteres Ziel ist es, Menschen den festsitzenden ideologischen Restdreck aus dem Kopf zu scheuern, laut dem weiblichen Körpern im Normalzustand eine Schwäche innewohnt. Bis sie sich nicht mehr wundern, dass starke Frauen nicht notwendigerweise aussehen wie Wonder Woman. Die Lebenserwartung für Neugeborene liegt für Mädchen aktuell bei 83 Jahren und zwei Monaten und ist damit vier Jahre und zehn Monate höher als bei Jungs. So ein Frauenkörper ist in dieser Gesellschaft eine außerordentlich haltbare Sache. Wir werden das schon noch erleben, dass eines Tages geschrieben steht: «Sie trägt bei ihrer Arbeit im Vatikan die weiße Soutane, die auch schon ihre Vorgängerinnen trugen.»

Die letzten Tage des Patriarchats

Seit 2011 schreibt die Spiegel-Online-Kolumnistin Margarete Stokowski Essays, Kolumnen und Debattenbeiträge. Die besten und wichtigsten Texte versammelt dieses Buch, leicht überarbeitet und kommentiert. Die Autorin analysiert den Umgang mit Macht, Sex und Körpern, die #metoo-Debatte und Rechtspopulismus, sie schreibt über Feminismus, Frauenkörper und wie sie kommentiert werden, über Pornos, Gender Studies, sogenannte Political Correctness, Unisextoiletten und die Frage, warum sich Feminismus und Rassismus ausschließen.
Stokowskis Texte machen Mut, helfen, wütend zu bleiben, Haltung zu zeigen und doch den Humor nicht zu verlieren und sie zeigen, dass es noch einiges zu tun gibt auf dem Weg zu einer gleichberechtigen Gesellschaft. Wer fragt, ob wir den Feminismus noch brauchen oder ob die Revolution bereits geschafft ist, dem liefert Margarete Stokowski eindeutige Antworten.

«Im Großen und Ganzen versuche ich, da Staub aufzuwirbeln, wo es eh schon dreckig ist. Also ungefähr das Gegenteil von dem, was von einer Polin in Deutschland erwartet wird, Zwinkersmiley.»

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