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Juni. Juli. Anja.

Steffen Schroeders intensiver Roman über eine besondere erste Liebe

Banner zum Buch «Mein Sommer mit Anja»

Ein heißer Sommer in den Achtzigern. Konrad lebt mit den Eltern und seinem Bruder am Hasenbergl im Norden von München. Sein bester Freund ist Holger, vier Jahre älter als Konni, geistig leicht behindert. In den großen Ferien begegnen sie einem Mädchen, das so anders als alle Mädchen ist, die Konni bis dahin kennt. Anja, die Ausbrecherin aus dem Kinderheim Espenhain – wild, voller Sehnsucht und Traurigkeit. Und entschlossen, nie mehr dorthin zurückzukehren, wo man sie eingesperrt hat ... Steffen Schroeders erster Roman «Mein Sommer mit Anja» ist eine subtile, leise Coming-of-Age-Geschichte um eine Freundschaft zu dritt. Eine Geschichte, von der man beim Lesen inständig hofft, sie möge gut ausgehen für ihre jungen Protagonisten ...

«Was ist, wenn sie sie finden?»

Aus den Kofferradios im Freibad Floriansmühle wummert die Musik des Sommers. Nena, Spliff, Udo Lindenberg, Geier Sturzflug, Spider Murphy Gang – Skandal im Sperrbezirk, es sind die achtziger Jahre. Die Jungs aus seiner Klasse, allen voran Julian, sind irritiert. Wieso hängt Konni fast nur noch mit dem Nachbarjungen zusammen, dem Sonderschüler Holger, der «bei der Geburt nicht genug Sauerstoff bekommen» hat – dem «Behindi» mit dem «Spastblick», dem «Freak», der zu Hause Aberhunderte Facettenaugen von Bienen in einem Glas aufbewahrt? Konni hat Holger nicht als Freund gesucht, und doch haben sie sich gefunden – es ist einfach passiert.

Eines Nachmittags, auf der Wiese hinter dem Brombeergebüsch, steht auf einem ihrer Streifzüge plötzlich ein Mädchen vor ihnen. Sehr kurze Haare, hellbraune Augen, grazil, sonnengebräunt: Anja. In den Händen des Mädchens liegt ein toter Buntspecht. «Sie schaute uns forschend an, mit selbstbewusstem, stolzem Blick, in dem aber auch etwas Erschrockenes lag. Ob sie wohl Angst hatte, ging es mir durch den Kopf – oder war das eher meine eigene Angst? Denn dieses Mädchen, wie sie so dastand und stumm zu uns hersah, war mir unheimlich.»

Vom ersten Augenblick an ist Konni in das geheimnisvolle Mädchen verliebt. Anja ist aus dem Kinderheim Espenhain weggerannt. Abgehauen vor den berüchtigten Erziehern, den anderen Heimkindern, ihrer eigenen Vergangenheit. Weshalb man sie dort hingebracht hat, was mit ihren Eltern passiert ist, das will sie nicht preisgeben. «‹Das sind Asis›, sagte Julian, und so sahen es auch alle anderen. Wann immer es hieß, jemand sei ein Espenhainer, hatte ich Angst vor ihm.» Aber Holger und Konni haben keine Angst vor ihr. Für sie ist Anja wie ein Wesen aus einer anderen Galaxie, ein Glücksfall, ein Geschenk.

Zwischen Anja und Konni entwickelt sich eine Beziehung von großer Zartheit. Für eine kurze Spanne in ihrem Leben haben sie sich gefunden, halten einander fest. Wenn sie an ihrem Rückzugsort hinter dem Brombeerbusch zusammenliegen, eingehüllt in den Duft nach Erde und Sommer, erzählt Konni Anja Geschichten – gegen ihre Angst vor dem «Gewitter in mir», gegen die Panik vor dem, was kommen mag. Erzählt von der Hexe Baba Jaga, vom alten Holzfäller und seiner Tochter Wassilissa, die ins Wasser gehen, von König Picus und der rachsüchtigen Circe. «Wir schwiegen. Wir träumten. Bis sich, ganz langsam, wieder der Schatten über uns legte. Und damit wieder die Frage in mir auftauchte. Die Frage, die Frage, die ich nicht hören wollte: Was ist, wenn sie sie finden?»

Nie mehr werde sie nach Espenhain zurückkehren, sagt Anja, eher werde sie sich umbringen. Konni erschrickt. Und ahnt nicht, dass ihm nur noch wenige Tage mit seiner ersten großen Liebe bleiben werden ...

«Ich schloss die Augen und spürte mich lebendig wie lange nicht ...»

Viele Jahre später erinnert sich Konni an den glücklichsten Sommer seiner Kindheit. An das Mädchen, das wie ein Meteorit in sein Leben einschlug und verglühte. Was genau in seinem Erwachsenenleben schiefgelaufen ist, erfahren wir nicht. Nur dass er nach fünfzehn Jahren Ehe von seiner Frau vor die Tür ihres kleinen Reihenhauses gesetzt wurde: «Zeit für eine Veränderung, für einen Neuanfang. Und der soll ohne mich stattfinden.» Und so geht Konrads wehmütiger Blick zurück auf das, was noch immer in ihm lebendig ist: die Erinnerung an jenen unbeschreiblichen Sommer mit Anja und Holger.

«Manchmal, am frühen Morgen, wenn die Sonne noch ganz niedrig am Horizont steht, ziehe ich die Schuhe aus und laufe barfuß über die Wiese. Aber das geht nur, wenn niemand sonst da ist. Denn dann laufe ich zurück in meine Kindheit, laufe über die große Wiese im Freibad neben unserem Haus ...»

Steffen Schroeder: Theaterschauspieler, Fernsehkommissar, Autor

1974 in München geboren. Schauspielstudium an der Folkwang Hochschule Essen. Ensemblemitglied am Wiener Burgtheater und beim Berliner Ensemble. Seit 2012 bekannt durch seine Rolle als Polizeioberkommissar Tom Kowalski in der ZDF-Krimiserie «SOKO Leipzig». Zahlreiche Kinofilme (wie «Der Rote Baron», «Keinohrhasen», «Nanga Parbat») und Fernsehproduktionen (u. a. Polizeiruf, Tatort, Bella Block, Alarm für Cobra 11, Großstadtrevier). Lebt mit seiner Familie in Potsdam.

2016 sorgte er mit dem Buch «Was alles in einem Menschen sein kann» für Aufsehen. Steffen Schroeder, der sich seit längerem für den Weißen Ring engagiert, eine Hilfsorganisation für Opfer krimineller Gewalt, war 2013 im Gefängnis Berlin-Tegel dem verurteilten Mörder Micha begegnet. Nach einer schwierigen Jugend war Micha ins rechte Milieu abgerutscht, hatte einen Menschen umgebracht. Schroeder erklärte sich bereit, Vollzugshelfer des lebenslänglich Verurteilten zu werden. In seinem Buch berichtet er eindringlich von dem Ringen um die richtige Perspektive, wenn es um Opfer und Täter, um Schuld und Sühne geht. Und um die eine entscheidende Frage: Wie gelingt ein Leben – und wie scheitert es?

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