Ausgezeichnet

Ronya Othmann erhält den Düsseldorfer Literaturpreis

Ronya Othmann erhält den Düsseldorfer Literaturpreis
© Paula Winkler

Ronya Othmann wird in diesem Jahr mit dem Düsseldorfer Literaturpreis geehrt, eine Anerkennung für Schriftstellerinnen und Schriftsteller, deren deutschsprachiges literarisches Werk inhaltlich oder formal Bezug auf andere Künste nimmt. Wir freuen uns sehr für Ronya Othmann!

Tobias Lehmkuhl, Mitglied dersiebenköpfigen Jury, schreibt in der Begründung: «In ihrem dokumentarischen Roman Vierundsiebzig erzählt Ronya Othmann auf so eindrucksvolle wie erschütternde Weise vom Völkermord an den Jesiden durch den Islamischen Staat. Die Tochter einer deutschen Mutter und eines aus Nordsyrien stammenden jesidischen Vaters geht ihrer eigenen Herkunftsgeschichte nach, rekonstruiert den Hergang des Genozids in der Shingal-Region, berichtet von jenen, die vertrieben oder in die Sklaverei gezwungen wurden und reist auf den Spuren jenes titelgebenden 74. Ferman, des 74. Massakers an ihrem Volk selbst in die Türkei und in den Nordirak. Der Kultur der Jesiden, die nicht auf Schrift gründet, hat sie damit ein einzigartiges literarisches Dokument geschenkt. Im Bewusstsein einer jahrhundertelangen Geschichte der Verfolgung verschränkt Othmann die Identitätssuche der Erzählerin mit historischen Berichten, zeitgenössischen Zeugnissen und intensiven Beschreibungen jener Landschaft, die für das kleine Volk der Jesiden Heimat bedeutet. Das eigene Schreiben selbst ständig hinterfragend steht Vierundsiebzig zudem exemplarisch für den Versuch, einen Genozid und seine Folgen im 21. Jahrhundert in Worte zu fassen.»

Der Preis wird durch die Kunst- und Kulturstiftung der Stadtsparkasse Düsseldorf vergeben und ist mit 20.000 Euro dotiert. Die Preisverleihung findet am 16. Oktober im Forum der Stadtsparkasse Düsseldorf statt.

Weitere Informationen finden Sie hier.

Ronya Othmann

Ronya Othmann

Ronya Othmann, als Tochter einer deutschen Mutter und eines kurdisch-êzîdischen Vaters 1993 in München geboren, schreibt Lyrik, Prosa und Essays und arbeitet als Journalistin. Für ihr Schreiben wurde sie viele Male ausgezeichnet, unter anderem mit dem Lyrik-Preis des Open Mike, dem MDR-Literaturpreis und dem Caroline-Schlegel-Förderpreis für Essayistik. Für Die Sommer, ihren ersten Roman, bekam sie 2020 den Mara-Cassens-Preis zugesprochen, für den Lyrikband die verbrechen (2021) den Orphil-Debütpreis, den Förderpreis des Horst-Bienek-Preises sowie den Horst Bingel-Preis 2022. Ein Auszug aus Vierundsiebzig, ihrem zweiten Roman, wurde 2019 mit dem Publikumspreis des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs ausgezeichnet.

Vierundsiebzig

Nach ihrem Debüt Die Sommer legt Ronya Othmann den zweiten Roman vor: ein ergreifendes literarisches Zeitzeugnis.

«Ich habe gesehen. Das Ich ist ein Zeuge. Es spricht, und doch hat es keine Sprache.» So beschreibt sie den Vorgang des Erzählens. Sie will eine Form finden für das Unaussprechliche, den Genozid an der êzîdischen Bevölkerung, den vierundsiebzigsten, verübt 2014 in Shingal von Kämpfern des IS. 

Vierundsiebzig ist eine Reise zu den Ursprüngen, zu den Tatorten: in die Camps und an die Frontlinien, in die Wohnzimmer der Verwandten und weiter in ein êzîdisches Dorf in der Türkei, in dem heute niemand mehr lebt. Es geht darum, hinzusehen, zuzuhören, Zeugnis abzulegen, Bilder und Berichte mit der eigenen Geschichte zu verbinden, mit einem Leben als Journalistin und Autorin in Deutschland. 

Ronya Othmann erschafft ein Werk von ungeheurer Dichte, notwendiger Klarheit und Härte. Ihre Stimme ist eine der Diaspora, die auch in den Lesenden tiefe Spuren hinterlässt. 

  • Erscheinungstermin: 12.03.2024
  • Lieferstatus: Verfügbar
  • 512 Seiten
  • ISBN: 978-3-498-00361-6
  • Autor:innen: Ronya Othmann

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