Im Gespräch

«Lassen Se sich nicht verrückt machen und behalten Se die Nerven.»

Renate Bergmann lädt zu Kaffee und Kuchen: Das Interview zum neuen Buch «Das Dach muss vor dem Winter drauf»

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© Rudi Hurzlmeier

Renate Bergmann, geborene Strelemann, lässt sich durch Probleme doch nicht aus der Ruhe bringen! Ihr Neffe Stefan bekommt mit seiner Ariane nun das zweite Kind und die Wohnung ist viel zu klein für vier. Und in Berlin eine neue und bezahlbare Wohnung finden … Aber Moment, denkt sich Renate Bergmann, da hat sie doch noch dieses Grundstück – und Spandau ist schließlich auch Berlin. Unsere Online-Omi baut also mit 82 Jahren ein Haus – und weil die jungen Dinger mit Arbeit und Kinderkriegen beschäftigt sind, steht sie höchstpersönlich jeden Tag auf der Baustelle. Wir wurden von Renate Bergmann zu Kaffee und Kuchen und einen Plausch zum neuen Buch eingeladen.

DAS INTERVIEW

 

Liebe Frau Bergmann, schön, dass wir bei Ihnen vorbeischauen dürfen! Schön haben Sie es und der Kuchen riecht wunderbar. Nun aber zum Buch! Soviel darf man verraten, denn wer Sie kennt, weiß, wie patent Sie sind: Das Dach ist ja erfolgreich vor dem Winter raufgekommen. Sind Stefan, Ariane und die Kleinen denn mittlerweile eingezogen? Und zieht es Sie jetzt auch ins neue Häuschen oder bleiben Sie erstmal in Ihrer Wohnung?
Guten Tach, ich freue mich auch sehr. Setzen Se sich, nehmen Se ein Stück Kuchen, der ist selbst gebacken! Ach, Sie fallen ja gleich mit der Tür ins Haus. Wissen Se, solange ich noch allein zurechtkomme, bleibe ich hier in Spandau in meiner Wohnung. Man will den jungen Leuten ja nicht zu dichte auf die Pelle rücken. Aber es ist schön, für den Fall des Falles zu wissen, dass man weiß, wo man hin kann.


Im Umgang mit den Bauleuten haben Sie einfach die besten Tricks, um die Jungs und Mädels motiviert zu halten: Hackepeterbrötchen, ein Bier zum Feierabend, ein sauberes Dixi mit immer frischen Handtüchern … Haben Sie selbst noch etwas gelernt?
Schon Oma Strelemann hat immer gesagt «Da kannste alt werden wie eine Kuh und lernst immer noch dazu». Ja, selbstverständlich! Ich weiß jetzt Bescheid mit Dachpfannen und Hohlblocksteinen, und dass eine Bohrmaschine einen Rückwärtsgang hat.


Haben Sie noch Kontakt zu den Bauarbeitern? Kalle klang doch wirklich besonders nett!
Ach, der Herr Kalle! Selbstverständlich. Man muss sich Handwerker warm halten. Es ist ja immer mal was zu reparieren. Ab und an, wenn er in der Nähe ist, kommt er zum Frühstück zu mir. Und seine Frau hat mir sogar ein Bild von der Silberhochzeit des Schwagers geschickt, wo der Kalle den guten Anzug trägt. Er passte nicht ganz, Ilse musste einen Keil in die Hose einsetzen. Aber er sah stattlich aus!


Rowohlt zieht ja demnächst auch um, es geht von Reinbek nach Hamburg. Haben Sie noch einen guten Tipp für uns?
Lassen Se sich nicht verrückt machen und behalten Se die Nerven. Und nutzen Se die Chance, mal richtig aufzuräumen. Schon beim Einpacken in die Kisten muss man überlegen: «Brauche ich das wirklich noch?». Im Zweifelsfall lieber wegschmeißen! Ja, und nach dem Einzug lassen Se einfach alles in den Kartons, bei dem Se unsicher sind. Wenn Se es nach einem halben Jahr noch immer nicht gebraucht haben – schmeißen Se den Karton weg, ohne reinzugucken, was drin ist!


Für eine 82-Jährige ist das Bauen – und Sie waren ja nun täglich vor Ort – sicher eine Belastung. Hat ihr Körper gut mitgespielt?
Wissen Se, wenn ich morgens wach werde und nichts mehr zwickt, dann hat mich wohl der Herr zu sich gerufen. Zipperlein gehören doch zum Alter, das muss man hinnehmen und darf sich nicht aus der Bahn werfen lassen. Jammern hat noch nie jemandem geholfen, und deshalb pussele ich eben einfach lang hin. Sie wissen ja: «Nur wer rastet, der rostet!»


Nach dem ganzen Baustress würden wir Ihnen ja einen tollen Urlaub gönnen. Geht es im Sommer in die Ferne oder genießen Sie den neuen Garten mit der neu angelegten Streuobstwiese?
Da bin ich mir noch nicht ganz schlüssig. Ich würde ja so gerne nochmal das Meer sehen! Vielleicht zur Ostsee, zum Campingurlaub? Natürlich schlafe ich in meinem Alter nicht mehr im Zelt, aber es gibt doch so schöne Busse, in denen man kochen und übernachten kann. Kirsten und Stefan sind aber entschieden dagegen, dass Kurt mit seinen 40% Sehkraft damit fährt… Warten wir es mal ab, wir finden schon einen Weg.
Nun trinken Se den Kaffee aus, sonst wird er kalt. Kalt schmeckt man doch nichts mehr vom schönen Aroma!

Das Dach muss vor dem Winter drauf

Vertrauen ist gut, Renate ist besser

Renate Bergmann überlässt ihr Spandauer Grundstück Neffen Stefan, nachdem dieser ihr jahrelang Nachhilfe bei der Handhabung moderner Technik gegeben hat. Schließlich heißt es ja immer, ein Mann solle in seinem Leben ein Haus bauen, einen Sohn zeugen und einen Baum pflanzen. Gut, beim Hausbau werden dann alle ein bisschen mithelfen, vor allem Kurt. Das mit dem Sohn hat auch nicht geklappt, denn Ariane, Stefans Frau, erwartet wieder ein Mädchen - die kleine Agneta. Und am Ende steht der Stefan mit 14 Apfelbaum-Setzlingen da. Zum Glück ist für eine Streuobstwiese genug Platz. Aber lesen Sie selbst, was Renate zur Situation auf der Baustelle sagt:

«Es ist gut, wenn man seine eigenen vier Wände hat. Eigener Herd ist Goldes wert , heißt es immer, und da ist was Wahres dran. Selbst, wenn der Herd in Spandau steht und die jungen Dinger doch nur Tütensuppe darauf warmmachen.»

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