Gastland Italien: Greta Olivo im Gespräch
Ein flirrender Roman, eine intensive Lektüre, die davon erzählt, dass nichts jemals verloren ist - Greta Olivo im Gespräch über ihren Debütroman "Die Nacht der Schildkröten"

Worum geht es in Deinem Roman?
Die Hauptfigur meines ersten Romans heißt Livia. Sie führt ein ganz normales Leben, lebt in Rom mit ihrer Familie, ihrem Bruder, bis sie eines Tages bei einem Sportwettkampf stürzt: Nicht nur, weil sie einfach kurzsichtig ist, wie es ihre Familie und sie bisher gedacht haben, sondern weil mit ihren Augen fundamental etwas nicht stimmt. Sie hat von ihrem Großvater eine Augenkrankheit geerbt, die sich Retinitis Pigmentosa nennt. Und Livia erfährt, dass sie von nun an, Stück für Stück und unaufhaltsam, ihr Augenlicht verlieren und erblinden wird.
Wo spielt Dein Buch?
Livia wächst in einem Viertel in der Peripherie von Rom auf, in dem auch ich aufgewachsen bin. Es heißt La Giustiniana und liegt wenige hundert Meter außerhalb des großen Autorbahnringes, der um Rom führt und der bestimmt, wer drinnen und wer draußen ist. Ihr Viertel ist noch Rom, aber irgendwie auch nicht. Es hat so etwas wie eine „graue Identität“, man ist weder weit weg noch nah dran. Und das spürt Livia. Sie spürt die große Distanz gegenüber ihren Klassenkameradinnen, die richtig in der Stadt leben
Womit hat alles begonnen?
Als ich entschied, dieses Buch zu schreiben, entdeckte ich, dass meine größte Angst im Leben ist, das Augenlicht zu verlieren. Das ist eine autobiographische Tatsache. Denn mein Großvater war blind, aus anderen Gründen. Ich habe eine Protagonistin gewählt, der wirklich so etwas passiert: das Erbe eines schwachen Sehvermögens, in Form einer unheilbaren Krankheit, der sie sich stellen muss
Wie hast Du recherchiert?
Bevor ich die ersten Sätze geschrieben habe, war mir klar, dass wenn ich über Blindheit schreiben möchte, ich mich mit blinden Menschen auseinandersetzen muss. Also bin ich in diese Einrichtung gegangen, sie heißt „Centro Sant’Alessio“ und ist hier in Rom. Ich habe mich dort anfangs etwas schüchtern verhalten, bis ich Marco kennengelernt habe, der ein echter Freund wurde und der genau diese Augenkrankheit hat. Von ihm habe ich alles gelernt, ich habe mir unzählige Notizen gemacht, ich habe zugehört, habe ihn beobachtet, wie er sich bewegt, wie er spricht. Und dann habe ich entschieden, so glaubwürdig wie möglich zu sein. Das war mein Anspruch: in medizinischer Hinsicht absolut glaubwürdig zu sein.


Die Nacht der Schildkröten
Die Nacht der Schildkröten
Was wünscht Du Dir von Deinen Leser:innen?
Ich mag es sehr gerne, wenn meine LeserInnen sagen, dass, auch wenn sie natürlich eine große Rolle spielt, die Krankheit für sie nicht das Hauptthema des Buches ist. Sondern im Gegenteil. Denn es geht um einen Weg, eine Handlung, es geht in erster Linie um Livia, und um das, was ihr widerfährt.